Du solltest mal über deinen digitalen Nachlass nachdenken
Ich habe gestern einen Talk von burgr auf der #mrmcd25 zum Thema “Digitaler Nachlass” gesehen. Und in der Tat: Darüber sollten man wirklich mal nachdenken. Ich fand den Talk echt gut. Sehenswert.
Wenn Du keine Person an deiner Seite hast, für die bestimmte Dinge nach deinem Ableben vielleicht noch wichtig sind, dann kannst Du hier direkt aufhören zu lesen und kannst dir hier einen zufälligen Wikipedia Artikel ansehen.
First things first: Ich bin kein Anwalt, die folgenden Zeilen ist keine Rechtsberatung noch sind meine Texte rechtlich abgesichert. Sie sollten zum nachdenken anregen.
Es geht übrigens nicht erst mit dem Tot los
Was, wenn Du im Koma liegst? Oder Du nicht aktiv am Leben teilnehmen kannst, weil Du plötzlich Dement wirst? Das Stichwort lautet “Vorsorgevollmacht”
Vorsorgevollmach
Eine Vorsorgevollmacht erlaubt einer oder mehreren Personen, in deinem Namen rechtsverbindlich zu handeln, wenn du es selbst nicht mehr kannst (z. B. durch Krankheit, Unfall oder Tod).
Ohne Vollmacht muss ein Gericht oft einen Betreuer einsetzen. Sowas kann dauern, ist bürokratisch und kann teuer werden. Mit einer Vorsorgevollmacht kann die bevollmächtigte Person sofort handeln.
Dreh und Angelpunkt
Dreh und Angelpunkt ist deine EMail Adresse. Oder auch deine Domain.
Domains sind in der Regel an eine natürliche oder juristische Person gebunden, und wenn du als Domaininhaber verstirbst, können diese bei fehlender Regelung relativ schnell deaktiviert oder gelöscht werden (z. B. nach Nichtzahlung der Jahresgebühren oder fehlender Verlängerung). Damit das nicht passiert, müsstest du mehrgleisig vorgehen – technisch, vertraglich und organisatorisch.
Testament oder Vorsorgevollmacht:
Erstell ein Testament ausdrücklich, wer deine Domains und Online-Accounts erben bzw. verwalten darf.
“Mein digitaler Nachlass, einschließlich aller Domainnamen und Online-Zugänge, geht an [Name] über. Er/Sie ist berechtigt, gegenüber Registraren, Hosting-Anbietern und Zertifizierungsstellen als Rechtsnachfolger aufzutreten.”
Zweites Konto für WICHTIGE Zahlungen
Du richtest ein Gemeinschaftskonto ein oder gibst einer Vertrauensperson eine Bankvollmacht über den Tod hinaus. Dieses Konto wird für alle wichtigen Zahlungen (Domains, EMails, Abos) genutzt. Nachteil: Viel Banken ermöglichen nur eine allgemeine Bankvollmacht; was man aber vielleicht haben möchte ist, eine Vollmach, die ab dem Tot gilt. Hier müsste man mit der Hausbank sicherlich mal das gespräch suchen.
Wichtig: Jeder Kontoinhaber kann alleine verfügen — und das Konto wird beim Tod eines Inhabers nicht automatisch gesperrt.
Notfallhandbuch
Im Datacenter haben wir ein Notfallhandbuch. Da steht drin, wo man wann bei welchem Fall welchen Knopf zu drücken hat. Sowas kann man wunderbar im privaten anlegen und einfach mal runterschreiben, was der hinterbliebenen Person helfen würde, an bestimmte (welche) Dinge noch ranzukommen.
Was darin aufnehmen?
Gute Frage. Eigentlich alles, damit jemand Zugang zu den von dir voher bestimmten Bereichen erhält. Das NAS unter der Couch, die Apple-ID um an die Fotos zu kommen. Das Pass-Code vom iPhone.
Domains
Liste alle Domains auf, die du Registriert hast und markiere die, die besonders wichtig sind und bei denen es wichtig ist, dass diese immer bezahlt werden.
Zugangsdaten
Zugangsdaten für das NAS, das iPhone, der Google-Phone, die Fritzbox… Also eigentlich alles, was man so im Passwort-Manager speichern könnte.
PasswortManager
In meinem PasswordManager sind aktuell über 1200 Zugänge. Und ich schwöre: Da weiß niemand, was wichtig ist. Nutzt daher die vom Password-Manager bereitgestellten Möglichkeiten wie z.B. Kategorien und Tags.
Benenne den Passwort-Manager. Lege das Master-Passwort + (z.B.) Recovery Codes in einem versiegelten Umschlag beim Notar, im Bankschließfach oder bei einer sehr vertrauenswürdigen Person ab (meist ein Notar).
Bitwarden und 1Password bieten Möglichkeiten, einen Notfallzugang zu ermöglichen.
- Du kannst mehrere “Collections” (Sammlungen) erstellen.
- Du kannst Benutzer (z.B. Freundin/Freund) anlegen und die Zugangsdaten sicher verwahren.
- Pro Benutzer lässt sich dann genau definieren, auf welche Collections diese Zugriff haben.
- Du kannst z. B. eine Collection “Nachlass” mit ausgewählten Logins (Domainregistrar, E-Mail, Banking etc.) anlegen → diese teilst du mit deinem Erben.
- Master-Tresor mit deinen z.B. FSK18-Accounts bleibt privat.
Hinweis: enpass bietet kein selektives Freigeben einzelner Kategorien/Tags innerhalb eines Tresors; sehr schade, wie ich finde.
Die Begriffe “Notfallzugriff” oder “Nachlassmodus” sind Begriffe, die du mal bei deinem Passwort-Manager checken solltest.
Der größte Fehler ist, das Masterpasswort ausschließlich im Kopf zu haben – dann kommt garantiert niemand mehr ran.
TOTP/2FA
Siehe Password-Manager; tragt diese bitte, bitte dort mit ein.
Hosting/Server/Dienste
Ich bin mir sicher, dass euer Partner mit dem Wort NetCup oder Hetzner nichts verbindet. Stellt sicher, dass die wirklich wichtigen Dienstleister mit einem Tag versehen sind, damit sieh schnell zu finden sind.
Dreh- und Angelpunkt Nr. 1. Stellt sicher, dass diese Mailbox weiterhin einwandfrei funktioniert. UND BEZAHLT WIRD!
Social Media, Onlinepräsenzen, Plattformen
Vielleicht hinterlegt hier in euer Notfall-Akte einen passenden Text, der im Falles eures Ablebens veröffentlich werden soll. Wollt ihr, dass euer Konto weiterhin online bleibt? Super… Wenn nicht, wäre es jetzt gut, zu erklären, was mit diesen Accounts passieren soll.
Zahlungsquellen & Rechnungsadressen
Denkt hier noch mal an das Zwei-Konto; stellt sicher, dass wichtige Dienste bezahlt werden. Es gibt manchmal die Möglichkeit, Dienste für mehrere Jahre im Voraus zu bezahlen (Domains z.B.). Stellt sicher, dass man an das Konto kommt, Paypal wäre da ein Stichwort.
Prioritätenliste für den Ernstfall (Checkliste)
- Zugriff auf Passwortmanager / Tresor sicherstellen
- Auto-Renew für Domains prüfen → ggf. manuell bezahlen
- Registrar kontaktieren (mit Vollmacht / Erbschein)
- E-Mail-Accounts sichern → Passwort ändern, Weiterleitungen aktivieren
- DNS-Zonen exportieren und sichern
- Hosting-Verträge übernehmen oder kündigen
- Social-Media Account Last-Post und/oder deaktivierung
- ggf. Websites mit Nachruf / Kontaktseite versehen